Menschen in Gottesbeziehung suchen den Kontakt zu Menschen, welche diese oder eine ähnliche Gottesbeziehung leben. Im gemeinsamem Gebet, in Gottesdienstfeier, Austausch und Engagement bestärken sich diese Menschen in ihrem Glaubensleben und in dem daraus abgeleiteten Einsatz für die Welt. Dadurch entsteht Gemeinde und, wenn man so will, auch Kirche (aber nicht zwangsläufig als ein hierarchisch-klerikales System. Interessant ist allerdings, dass selbst in ebensolchen religiösen Systemen der mystische Glutkern scheinbar nicht zum Erlöschen gebracht werden kann). Aus Vielen, die sich dem „Einen“ verschrieben haben bildet sich, wenn auch immer vorläufig und tendenziell brüchig, neue Einheitlichkeit. Beziehungen von vielen, die sich auf eine gemeinsame geistig-spirituelle Mitte richten, leben und ergänzen sich in dieser Einheit.


Mystisch orientierte Menschen brauchen die Einbindung in eine religiöse Gemeinschaft. Ansonsten entwickelt sich oft ein Mystizismus, dem die Korrektive der Tradition, der Auseinandersetzung und des In-Frage-Stellens sich verselbstständigender individueller Erfahrungen fehlen. Religiöse Gemeinschaften andererseits benötigen mystische Impulse, wenn sie nicht in Glaubensstarre und Dogmatismus verfallen wollen. Die scheinbare Gegensätzlichkeit von Mystik und Religion lässt bei erweitertem Blick eine Polarität erkennen, deren Pole sich grundsätzlich gegenseitig bedingen und den menschlichen Gottesbezug umfassen.