Die verborgene göttliche Quelle öffnet sich in vielfältigen Formen und gießt sich in verschiedenen Heilsgestalten und Heilsmomenten der Menschheitsgeschichte aus. Aus solchen entscheidenden Heilsmomenten (Kairoi) der Selbstausgießung des Göttlichen entstehen die großen Religionen. Der Heilsbringer wird als Brunnen des Heils verstanden und verehrt.
Wir Christen haben in Jesus Christus die Öffnung der verborgenen, göttlichen Heilsquelle erfahren. Die göttliche Quelle, die Jesus Vater nannte, gießt sich in und durch den Sohn aus. Der Sohn ist das Selbst-herausfließen des göttlichen Mutterbodens, das Selbst-heraustreten des Vatergrundes. Der Sohn öffnet die verborgene Lebensquelle des Göttlichen. Der Sohn ist ein Symbol für die totale Selbstergießung Gottes. Gott-in-sich (Enstasis) ist der Vater; Gott-außer-sich (Ekstasis) ist der Sohn.
Wie der Wasserstrahl eines Springbrunnens, so lebt Jesus unter uns aus der Quelle des Göttlichen. Mit diesem Brunnenbewusstsein lädt Jesus uns zu sich ein: Wer Durst hat, komme zu mir und trinke! (Joh. 7,37). Wer von dem Wasser trinkt, das ich ihm gebe, wird niemals mehr Durst haben (Joh. 4,14). Jesus sprach mit der Erkenntnis, dass die göttliche Quelle sich durch ihn aufgetan hat: Ich lebe aus dem Vater, durch den Vater, im Vater (Joh. 5,26; 6,57; 8,29; 14,11).
Sebastian Painadath, Leiter des Ashrams Sameeksha („ganzheitliche Schau“ ) in Kerala, Indien
stimmt so, würde ich sagen, nur, wie komme ich an diese Quelle, um daraus zu trinken, ganz konkret?
Zunächst mal handelt es sich um ein Bild, das Sebastian Painadath ausgehend von Joh 7,37 uns hier vorstellt. „Gott Vater“ wäre demnach keine statische Figur, sondern dynamischer Quellgrund des eigenen Lebens, also Lebenskraft. Und wenn man sich dieses Bild zu eigen machte, ginge es dann darum, diese Lebenskraft zu suchen bzw. die verstopfte Lebensquelle frei zu legen. Das ist nach meiner Erfahrung von „außen“, also rational oder mit dem eigenen Willen nicht machbar. Dazu braucht es einen inneren Meister, der die Quelle freilegt und uns dann reines Quellwasser reichen kann. Eine Form, mit diesem inneren Meister, in meinem Fall mit Jesus, in Kontakt treten und ihn wirken lassen zu können ist das Herzensgebet. Aber: ob und was dann geschieht liegt nicht in der eigenen Verfügbarkeit.