Das ist das eine, dass die religiöse Sprache eine der Besitzname sein kann, mit und in der sich das göttliche Geheimnis paradoxer Weise gerade dadurch Menschen entzieht. Je genauer das eigentlich Numinose sprachlich eingefasst wird umso weitgehender kann sich eine Entfremdung bemerkbar machen, die ein inneres Angesprochen-Sein verhindert.
Andererseits können Menschen gerade durch ritualisierte Formen religiöser Praxis aus dem Alltagsbewusstsein in eine Sphäre des Wundersamen mitgenommen werden. Und so kann ein Wort oder ein Satz einer Gottesdienstfeier eine innere Berührung hervorrufen, die sich zunächst nicht in das eigene Lebensverständnis einordnen lässt. 
Es gehört wohl zur Dialektik seelischer Entwicklungsprozesse, dass sich scheinbar Gegensätzliches (der freie, ungebundene „mystische“ Prozess und an religiöse Formen gebundene Rituale bzw. Sakramente ) wechselseitig bedingt und ergänzt. So, wie es wichtig und richtig sein kann, Religion und die damit verbundenen Formen zugunsten eines sich neu zeigenden, lebendigen Lebensschrittes hinter sich zu lassen, so können sich andererseits religiöse Symbole öffnen und einen Quellstrom des Heils freisetzen. Es gibt also kein Entweder-Oder, keinen Dualismus zwischen kodifizierten religiösen Gemeinschaftspraktiken und herantastenden, eher persönlichen Formen von Spiritualität, sondern es besteht eine gegenseitige Durchdringung beider Sphären. Insofern bin ich heute gleichermaßen skeptisch, wenn eine religionsfreie Mystik propagiert wird und wenn andererseits in einer Religion mystische Erfahrungen als Teufelszeug gebrandmarkt werden.