„… auf der Erde werden die Völker bestürzt und ratlos sein über das Toben und Donnern des Meeres. Die Menschen werden vor Angst vergehen…“ (Lk 21, 25-26)

Der Heilsweg beginnt mit dem Unheil. Die biblischen Texte des ersten Adventssonntages (Lesejahr C) sehen das Leidvolle als gegeben an und, im Hinblick auf das weihnachtliche Heilserleben, als Vorbedingung für den Neuanfang. Die Dunkelheit steht am Anfang. Nicht aus Resignation oder um eine neue Leidensmystik zu begründen, sondern, weil es der Realität entspricht. Die Dunkelheit eröffnet den Blick für das Licht.
Lukas fragt nicht nach einem Warum des Tobens und Donnerns und der Angst; er verweist auf ein Wozu, auf die Ankunft des Menschensohnes. Die Texte „kramen“ nicht im unerklärlichen Vergangenen, sondern sie sind an die zukünftige Verheißung angebunden. All das zu Beginn Dunkle und Leidvolle, so lässt sich die Textauswahl deuten, muss sein, damit Erlösung möglich wird: „Wenn all das beginnt, dann richtet euch auf, und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe.“ (Lk, 21,28).

Menschen in schweren Lebenskrisen kennen das Toben und Donnern im eigenen Inneren und in den Lebensumständen und sie kennen die existenzielle Angst. Wenn die – in den Bildern Salvador Dalis so oft dargestellten – Lebenskrücken wegbrechen, geht der illusionär an sie festgemachte Halt verloren. Wir alle kennen diese Krücken. Immer dann, wenn wir uns an etwas Konstruiertem bzw. Geschaffenem festhalten, werden wir, wenn diese Krücken wegbrechen, stürzen. Diese Krücken können Theorien sein, Menschen, Identitäten, Autoritäten, Weltanschauungen, Gesundheit, Essen und Trinken, Materieller Besitz, Ansprüche, stoffliche und nichtstoffliche Süchte usw..Sie haben eine Zeitlang eine stützende Wirkung entfalten können, aber in bestimmten Lebensumständen, oft auch in der Lebensmitte, brechen sie weg. Dieses Wegbrechen, so schmerzhaft es ist, ist der Beginn des Heilsweges, sagt die Bibel und sagen die mittelalterlichen Mystiker, allen voran Johannes Tauler. Es gilt dann, nach einem Gehalten-Werden zu suchen, das nicht wegbrechen kann, nach einem Anker im Überzeitlichen.

Der Lebensweg von Menschen in Krisenzeiten beginnt mit drohenden Anzeichen. Der erste Schritt aus der Bedrängnis wäre, die scheinbar unaushaltbare Lebenssituation anzunehmen und darauf zu vertrauen, dass sie die Grundlage ist für die Wandlung zum Heil. Gesegnet ist, wer dann die Weihnachtsbotschaft in vertrauensvoller Gläubigkeit auch auf das eigene Leben übertragen kann. Wem dies nicht gegeben ist kann vielleicht deren Heilszusage als Destillat individueller und kollektiver Erfahrungen sehen, das in eine transzendente Geschichte ausgegossen wurde, damit sie Wirklichkeit werde.