Ist Erlösung ohne eine personale Beziehung möglich?
Person-Sein bedeutet immer, dass ich in Beziehung stehe und aus dieser Beziehung lebe. Ohne die atmosphärische Luft ist mein Leben in wenigen Minuten beendet. Ohne Wasser, das bis zu 70 Prozent meine leibliche Existenz bildet, sterbe ich innerhalb von Tagen. Ohne Beziehungen zu Menschen und Tieren verkümmern meine sozialen und auch seelischen Ressourcen. Und ohne die göttliche Lebenskraft kann ich nicht existieren.
Man muss kein religiöser Mensch sein, um zu ermessen, dass meine Existenz auf Gegebenheiten beruht, die ich nicht geschaffen habe. Auf Gegebenheiten, mit denen ich mich in einem Beziehungsverhältnis befinde. Diese Gegebenheiten kann ich mit einem „Du“ ansprechen, sie sind in einem weiteren Sinne personaler Natur. Menschen reden nicht nur miteinander, sondern auch mit Tieren, Bäumen, der Natur usw..
„Gott“ als Quelle und Seinsgrund allen Lebens ist in diesem Sinne auch Person, aber nicht wie eine abgrenzbare menschliche Person, sondern eher als mit allem was lebt viel tiefer verbunden seiend, als alles, was lebt, untereinander verbunden ist (Diese Personenbeschreibung könnte von dem Philosophen Robert Spaemann stammen, sie ist für mich aber nicht mehr rückverfolgbar.).
Menschen brauchen das Du, um aus der Ichzentrierung, wenn man so will, „erlöst“ zu werden. Gute mitmenschliche Gespräche können den individuellen Horizont enorm erweitern. Und die Beziehung zu einem göttlichen Du erweitert den Horizont in das Übersinnliche hinein und öffnen den transzendalen Herzensraum, der jedem Menschen zu eigen ist. Ich bin in Gott, und Gott ist in mir. Nicht nur als bloßer „Glaube“ oder Gedanke, sondern auch als aus Erfahrung gewonnener Gewissheit, insofern auch unabhängig von Religion. (Religionen haben die aus Erfahrung gewonnenen Erkenntnisse verdichtet, kanonisiert und verkündet aber nicht geschaffen.). Im Beziehungsgeschehen mit diesem lebendigen Gott können mir Kräfte zuwachsen, die mich aus dem Sog der Ichfixierung befreien und aus den seelischen Verkrustungen herauslösen – und mir somit Herzensfrieden schenken.
Die Mystiker und Meister des Ostens lehren uns, dass dieses göttliche „Du“ sich sogar auflösen kann je weiter wir als „Person“ eine tiefere Verbindung mit allem Lebendigen erleben dürfen. Aber das wäre wieder ein anderes Thema einer nachfolgenden Reflexion.
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