„Nach meinem (laienhaften) Verständnis besteht der Kern des judäo-christlichen Gottes durchaus in einer resonanztheoretischen Vorstellung: Auch und gerade wenn Gott im Sinne einer tendenziell negativen Theologie als prinzipiell unverfügbar gedacht wird, ist das Verhältnis zwischen Gott und Mensch doch als eines der wechselseitigen Erreichbarkeit und Bezogenheit konzipiert: Der Mensch soll auf Gott oder sein Wort hören, und Gott lässt sich im Gebet erreichen – was eben nicht heißt, dass er sich in irgendeiner Form verfügbar machen ließe. Responsivität bedeutet hier – ungeachtet aller endloser theologischen Kontroversen – ein gleichsam hörendes, auf-hörendes Aufeinanderbezogensein, das verwandelnde Kraft hat, aber beiden Seiten die „eigene Stimme“ und die Antwortfreiheit lässt: Ob sich Resonanz einstellt und was ihr Ergebnis sein wird, bleibt unverfügbar offen. Meines Erachtens liegt diese Konzeption oder diese Form des Bezogenseins der Praxis des Betens zugrunde, die anders nicht zu verstehen ist: Anders als in magischen und alchemistischen Praktiken wird hier nicht versucht, die andere Seite oder ein bestimmtes Ergebnis oder Ereignis manipulativ verfügbar zu machen, sondern es geht eher darum, ein entgegenkommendes Antworten oder ein Antwortgeschehen zu erspüren, dessen Inhalt eben nicht schon feststeht.“
Der Soziologe Hartmut Rosa in seinem Buch: Unverfügbarkeit, S. 67f
Foto: Markus Goossens
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