Siehe die Fragestellung des vorherigen Blogbeitrags!

„Denn wer sein Leben retten will, der wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen.“
Nach meiner Ansicht, und ich kann sagen: Erfahrung, gibt es zwei verschiedene Leben, die uns gegeben sind. Das eine Leben ist die individuelle biologische Existenz. Das andere Leben ist das überindividuelle Sein. Die individuelle biologische Existenz ist zeitlich und räumlich begrenzt. Das überindividuelle Sein ist an die unbegrenzte, ewige kosmische Kraftquelle allen Lebens angeschlossen. Und diese Kraftquelle verbindet unser individuelles Selbst „unbewusst“ untereinander und mit dem kosmischen Selbst. Und dieses kosmische Selbst, religiös gesprochen: Gott, ist das eigentliche, das „wahre Selbst“ allen Lebens. Bildhaft kann das an der Gegenüberstellung von Welle und Meer gezeigt werden. Jede Welle hat ein individuelles Selbst, zeitlich und räumlich begrenzt, das in das große und wahre Selbst des Meeres (in der christl. Religion: Vater) eingebunden und aus diesem hervorgegangen ist.
Wer die Einbindung in das wahre Selbst erfahren hat bzw. erkennt oder glaubt, wird frei, weil er sich nicht mehr an seine individuelle Existenz festmachen muss. Wer sein biologisch-individuelles Leben absichern und auf Todesvermeidung hin kontrollieren will, wird sein inneres, spontanes, kreatives und vertrauensbasiertes Leben verlieren. (So kann man auch den Satz Jesu verstehen: “Wahrlich, das sage ich Euch: Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, dann könnt ihr nicht in das Himmelreich kommen“.)

Aber was heißt „um meinetwillen“? Das wahre Selbst, also Gott, ist nicht nur das Meer des Lebens, in das wir eingewoben sind. Es ist auch in uns, in jeder Welle, in jedem von uns als Essenz, als innerste Wirkkraft. Die christliche Religion symbolisiert das in der Inkarnation Christi, die ja nicht nur vor 2000 Jahren stattgefunden hat. In jeder Zeit kann Christus, als Verkörperung des „Vaters“, in Menschen auferstehen, d.h. sie werden sich bewusst oder erfahren, dass der göttliche Teil in ihnen ist und wirkt. Und wenn sie dann aus diesem göttlichen Teil leben, dann ist das individuelle „mein“ das göttliche „mein“. „Um meinetwillen“ kann dann keine Fremdbestimmung mehr sein. Das „um meinetwillen“ Jesu ist dann das „um meinetwillen“ meines wahren Selbst.