auf dem Weg zur Quelle

Monat: Dezember 2020

… im Werden

Gibt es etwas, was Ihnen die Hoffnung nehmen kann, so einstens in Ihm, in dem Fernsten, Äußersten zu sein? Feiern Sie, lieber Herr Kappus, Weihnachten in diesem frommen Gefühl, daß Er vielleicht gerade diese Lebensangst von Ihnen braucht, um zu beginnen; gerade diese Tage Ihres Überganges sind vielleicht die Zeit, da alles in Ihnen an Ihm arbeitet, wie Sie schon einmal, als Kind, atemlos an Ihm gearbeitet haben. Seien Sie geduldig und ohne Unwillen und denken Sie, daß das wenigste, was wir tun können, ist, Ihm das Werden nicht schwerer zu machen, als die Erde es dem Frühling macht, wenn er kommen will.
Und seien Sie froh und getrost.

R.M. Rilke, Brief an Xaver Kappus vom 23. Dezember 1903

Der Kommende…

Warum denken Sie nicht, daß er der Kommende ist, der von Ewigkeit her bevorsteht, der Zukünftige, die endliche Frucht eines Baumes, dessen Blätter wir sind? Was hält Sie ab, seine Geburt hinauszuwerfen in die werdenden Zeiten und Ihr Leben zu leben wie einen schmerzhaften und schönen Tag in der Geschichte einer großen Schwangerschaft? Sehen Sie denn nicht, wie alles, was geschieht, immer wieder Anfang ist, und könnte es nicht Sein Anfang sein, da doch Beginn an sich immer so schön ist? Wenn er der Vollkommenste ist, muß nicht Geringeres vor ihm sein, damit er sich auswählen kann aus Fülle und Überfluß? Muß er nicht der Letzte sein, um alles in sich zu umfassen, und welchen Sinn hätten wir, wenn der, nach dem wir verlangen, schon gewesen wäre?

R.M. Rilke, Brief an Xaver Kappus vom 23. Dezember 1903

Vierte Kerze

Lesejahr B

Ich will meinem Volk Israel einen Platz zuweisen und es einpflanzen, damit es an seinem Ort sicher wohnen kann und sich nicht mehr ängstigen muss und schlechte Menschen es nicht mehr unterdrücken wie früher (2 Sam 7,10; bzw. 1.Chronik 17,9)
Das ist die göttliche Verheißung seit alters her, dass Menschen eine Heimstatt finden dürfen und die Angst keine Macht mehr über sie hat und sie in keinem Frondienst – das ist unser Verfügbar-Machen – mehr stehen. Weiterlesen

Die dritte Kerze

Lesejahr B

Der Geist Gottes, des Herrn, ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine frohe Botschaft bringe und alle heile, deren Herz zerbrochen ist, damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Gefesselten die Befreiung,(Jes 61, 1)

Prophetisches Reden übersetzt das Unübersetzbare. Propheten sind Grenzgänger und leben, zumindest zeitweise, im Lichtstrahl des göttlichen Geistes. Weiterlesen

Zweite Kerze

Lesejahr B

„Tröstet, tröstet mein Volk, spricht euer Gott.“(Jes 40,1)

Mitten in der Bedrängnis gibt es Momente des Trostes. Es mag eine Begegnung sein, ein Wort, ein Satz, eine Melodie oder ein Bild. Alles, was im Herzen, wenn auch nur für einen kurzen Moment, tröstet, ist ein Fingerzeig für Schritte aus dem „Toben und Donnern“ und aus der Angst. Weiterlesen

Erste Kerze

„… auf der Erde werden die Völker bestürzt und ratlos sein über das Toben und Donnern des Meeres. Die Menschen werden vor Angst vergehen…“ (Lk 21, 25-26)

Der Heilsweg beginnt mit dem Unheil. Die biblischen Texte des ersten Adventssonntages (Lesejahr C) sehen das Leidvolle als gegeben an und, im Hinblick auf das weihnachtliche Heilserleben, als Vorbedingung für den Neuanfang. Weiterlesen